Vinzenz-Konferenzen. Menschen zu besuchen, das ist „unser Ding“ als Vinzenzbrüder. Zu Geburtstagen oder besser noch im Nachgang dazu, weil dann wieder (manchmal zu viel) Ruhe eingekehrt ist. Zu Festtagen. Im Altersheim oder im Krankenhaus.
Oft geht es auch darum, noch bei der einen oder anderen bürokratischen oder praktisch-organisatorischen Frage zu unterstützen. Eine solche stand auch im Raum, als man mir in der Gemeinde Frau Weber (Name geändert) vorstellte. Das liegt mittlerweile einige Jahre zurück. Der Kontakt zu Frau Weber besteht nach wie vor. Er ist nicht unbeschwert, sondern bewegt sich in einem ständigen Auf und Ab von aggressiver Ablehnung und vertrautem Austausch über Gott und die Welt.
Hinter der scheinbar behördlichen Angelegenheit, um die es bei der ersten Begegnung ging, tat sich dann doch etwas anderes auf: eine tiefe Verletztheit von Frau Weber, die ihr Leben von Kindesbeinen an bis heute bestimmt und nach ihren eigenen Worten in der Ablehnung durch die Mutter gründet. Wie ein waidwundes Reh kann Frau Weber im übertragenen Sinne um sich beißen und treten. Als geeignetes Kommunikationsmittel, das mir ermöglicht, den unberechenbaren Verlauf des Kontaktes manchmal tatsächlich nur noch aushalten und mich in angemessenem Abstand schützen zu können, hat sich das Mailen erwiesen. Entlastend ist für mich das Wissen darum, dass Frau Weber sich durchaus zu helfen versteht. Ich bin einer von vielen Kontakten, den sie hat („pflegt“ wäre der falsche Ausdruck), und für ihre Anliegen aktiviert.
Erhellend war für mich auch der Vortrag eines Psychiaters, in dem es um die Bindungsunfähigkeit einer Mutter ging, die sich bei ihrem Kind fortsetzte. Die Spielarten dieser Menschen, die er beschrieb, andere für sich zu gewinnen, zu umschmeicheln („Sie sind der Einzige, der mich versteht!“) und dann wieder abzustoßen, kamen mir sehr bekannt vor und zeigten mir deutlich meine Grenzen auf, für Menschen in dieser psychischen Verfassung da sein zu können. Die Isolation, in die sich Frau Weber durch ihr Agieren immer wieder begibt, kann ich nicht aufheben.
Hilfreich für mich – und hier zeigt sich der Wert, der hinter einer Vinzenz-Konferenz, steckt – ist der Umstand, dass ich in der Gruppe von Engagierten einen Rahmen gefunden habe, um mich dort auch über komplizierte Begegnungen mit Menschen, mit denen wir zu tun haben, auszutauschen.
Vinzenzbruder T. M.