„Immer mehr Menschen leiden unter Einsamkeit. … und zum Ende der Pandemie haben wir gemerkt, dass Einsamkeit auch bei jungen Leuten war.”
Mit diesen Worten eröffnete NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am 1. Oktober 2025 das zweite Einsamkeitsforum „Loneliness in Europe“ in Brüssel. Die Veranstaltung war mit zahlreichen Fachleuten aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft besetzt.
Die von ihnen präsentierten Zahlen und Erkenntnisse bestätigen, was die haupt- und ehrenamtlich Engagierten unserer Fachverbände aus ihrer täglichen Arbeit wissen: Einsamkeit ist mehr als ein persönliches Gefühl, sie ist eine Gefahr für unsere Gesundheit, Gesellschaft und Demokratie.
Oder um es in den Worten von Ministerpräsident Hendrik Wüst zu sagen:
„Einsamkeit ist eine stille Pandemie und sie bohrt sich immer weiter in unsere europäischen Gesellschaften hinein. Das Ausmaß und die Folgen sind deutlich größer, als viele – auch viele Entscheider in der Politik – meinen.“
Bei dieser, treffenden aber eher ernüchternden, Analyse blieb es beim 2. Einsamkeitsforum jedoch nicht. Denn neben Zahlen und Daten gab es auch eine klare Botschaft: Wir alle können etwas gegen Einsamkeit tun. Und Projekte, Arbeit und Einsatz von Wohlfahrtsverbänden und den Menschen im Sozialen Bereich sind dabei entscheiden.
LONELY EU: Einsamkeit europäisch betrachten und lokal begegnen
In Nordrhein-Westfalen ist das Thema Einsamkeit in den letzten Jahren politisch zumindest präsent. Der landesweite Aktionsplan „Du+Wir=Eins“ und die Übersicht der Angebote gegen Einsamkeit in NRW sind gute erste Schritte, um Bewusstsein und Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen.
Das Forschungsprojekt LONELY-EU geht den nächsten Schritt und erforscht Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten erstmals grenzübergreifend. Die Unterstützung für das Forschungsprojekt leisten Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft. gemeinsam
Laut einer EU-Umfrage aus dem Jahr 2024 fühlen sich rund 16 % der jungen Europäer*innen sehr einsam. Auch der aktuelle DAK-Gesundheitsreport zeigt: Junge Mitarbeitende der viel beschriebenen „Gen Z“ erleben in der Arbeitswelt besondere Belastungen durch Generationenkonflikte, fehlende Anerkennung und hohen Druck.
Einsamkeit ist also sowohl ein individuelles als auch ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Thema. Professor Volker Nürnberg, Experte für Betriebliches Gesundheitsmanagement und Mitherausgeber des DAK-Gesundheitsreports, beschreibt die Herausforderung sagt, dass es auch darum geht
“… einen konstruktiven Dialog zu führen, wie vor Ort ein gesundes und produktives Miteinander der Beschäftigten aller Altersgruppen entstehen kann.”
Die Psychologin und Einsamkeitsforscherin Professor Doktor Maike Luhmann von der Ruhr-Universität Bochum Koordinatorin von LONELY-EU. Sie stellte im Rahmen des zweiten Einsamkeitsforums einige Kernerkenntnisse zum Thema Einsamkeit vor.
Entscheidend war aus unserer Sicht vor allem ihr Appell, bei der Eindämmung von Einsamkeit wirklich alle Akteurinnen und Akteure – in der englischen Grafik unten „Stakeholder“ genannt, zu beteiligen.

Im innersten Kreis sind die Menschen angesprochen, die Einsamkeit erleben und davon bedroht oder betroffen sind. Im zweiten Kreis werden die Menschen und Organisationen angesprochen, die sich mit Angeboten direkt um die von Einsamkeit betroffenen kümmern. Also auch die Engagierten und Projekte unserer Fachverbände!
Im dritten Kreis werden Wissenschaft, öffentliche Institutionen und andere Akteurinnen und Akteure benannt, die Wissen zum Thema Einsamkeit vermitteln, für Aufmerksamkeit sorgen und strukturelle Lösungen schaffen können. Damit ist natürlich auch die Politik gemeint.
Der letzte Kreis fasst alle anderen Organisationen zusammen – dazu gehören auch Bildungseinrichtungen, gemeinnützige Vereine und andere – die sich um die Eindämmung von Einsamkeit bemühen.
Laut Prof. Dr. Maike Luhmann kann Einsamkeit nur dann wirksam begegnet werden, wenn alle an einem Strang ziehen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.
7 gegen Einsamkeit: Fachverbände als Brückenbauer
Unser Projekt und unsere sieben Fachverbände des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn sind in mehreren der oben genannten Wirkungskreisen aktiv. Mit unseren Beiträgen hier im Blog machen wir die wertvolle und wichtige Arbeit gegen Einsamkeit sichtbar.
Dazu gehören beispielsweise Projekte wie
- das Projekt „Miteinander – Füreinander“ der Malteser, das unter anderem ehrenamtliche Besuchsdienste, Einkaufsfahrten und vieles mehr umfasst.
- die Initiative „Den Durchblick behalten“ der Vinzenz-Konferenzen. Sie ermögliche Teilhabe durch eine bessere Versorgung mit essenziellen Sehhilfen.
- das Angebote des Mittagstisches Ma(h)lzeit, bei dem der Sozialdienst für katholische Frauen und Männer (SKFM) Menden Menschen zum gemeinsamen Essen einlädt und dadurch Gemeinschaft und sozialen Zusammenhalt fördert.
- die Krankenhaus-Hilfe-Gruppe der Caritas-Konferenzen (CKD) in Olpe. Engagierte besuchen hier Menschen, die im Krankenhaus liegen und oft keine anderen sozialen Kontakte mehr haben.
Neben dieser ganz konkreten Hilfe setzen sich unsere Fachverbände jedoch auch für politische und strukturelle Veränderungen ein, die sozialen Zusammenhalt stärken und Einsamkeit eindämmen können. Diese Arbeit findet oft ohne großes Aufsehen oder Öffentlichkeit statt, ist allerdings ebenso wichtig wie die Angebote vor Ort.
Einsamkeit können wir nur gemeinsam begegnen
Das zweite Einsamkeitsforum in Brüssel hat daran erinnert, wie vielschichtig und umfassend Einsamkeit und ihre Ursachen sind. Wirksame Lösungen können daher nur durch gemeinsames Wirken entstehen. Europäische Strategien, nationale Aktionspläne und konkrete Initiativen vor Ortmüssen zusammenwirken.
Eine der abschließenden Folien von Prof. Dr. Maike Luhmann bringt das gut zum Ausdruck.

Zwar bezieht sich ihre Grafik konkret auf das Forschungsprojekt LONELY-EU, doch die Prinzipien gelten für das Engagement gegen Einsamkeit insgesamt. In der Reihenfolge der Grafik lauten die Unterstützungsmöglichkeiten:
- „Treten Sie unserem Netzwerk bei.“ Aus Sicht von 7 gegen Einsamkeit bedeutet das: Werden Sie in einer der vielen Initiativen oder Projekte vor Ort aktiv.
- „Helfen Sie uns, unser Netzwerk zu erweitern.“ Das ist für uns die Einladung, sich mit anderen Engagierten oder Organisationen, die sich ebenfalls für Gemeinschaft und gegen Einsamkeit einsetzen, auszutauschen und zu vernetzen.
- „Sprechen Sie über Einsamkeit.“ Diesem Wunsch schließen wir uns voll und ganz. Einsamkeit verliert nur dann ihren Schrecken und ihre Wirkung, wenn wir alle gemeinsam über sei sprechen und enttabuisieren.
Es ist und bleibt unsere gemeinsame und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, darüber zu sprechen, neue Wege zu gehen und Menschen einzuladen, sich einzubringen. Ob durch Politik, Wissenschaft oder Ehrenamt – jede Begegnung zählt.
Bei 7 gegen Einsamkeit schaffen wir weiter Möglichkeiten zur Gemeinschaft und laden Menschen ein, sich zu beteiligen. Vielleicht bald mit Ihrer Unterstützung?

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